Aus der der Sitzung am 12. November 2024
- 1945 – 2025: 80 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus: Vorschläge und Anregungen
Zunächst werden weiter Materialien gesammelt. - Erinnerung an die Reichspogromnacht am 9. November 1938
Dank an Bernd Hammerschmidt und Helfern
Mit passabler Beteiligung wurde die Tafel an der Stele „enthüllt“. Der AK dankt Klaus Adam und Günter Carl für Anfertigung und Anbringung.
Der Bericht zum 9.11. in den WN und die Beiträge Bernd Hammerschmidts in der Presse wurden begrüßt. - Das Ehrenmal an der Stadtkirche: Welche Interpretationen gibt es?
Den Versuch einer Interpretation des Ehrenmals hat Marion Marx in dem Buch „Lengericher Frauen – erzählte Lebensgeschichten veröffentlicht“. Titel: „Frauengestalten im Kriegerdenkmal an der Stadtkirche Lengerich (S. 140 ff.).
Der Frage der Interpretation der Ehrendenkmäler, „Kriegerdenkmal“, soll weiter nachgegangen werden. Prof. Volker Jakob, der am 8.11. in der Gempthalle referierte, soll zu einem Vortrag eingeladen werden.
Im Protokoll 7/2024 wurde festgehalten, dass die Evangelische Kirchengemeinde Eigentümerin des Ehrenmahls sei.
Die Eigentumsfrage leitet die Stadt aus einem Vermerk ab:
„Denkmal an der Stadtkirche Lengerich
Die Evangelische Stadtkirche in Lengerich wurde 20.06.1986 als Denkmal in die Denkmalliste der Stadt Lengerich eingetragen unter folgender Text
»Ev. Stadtkirche Lengerich, ehem. Besitz der Abtei Herford, ca. 1147, spätgotische Hallenkirche, Westturm mit polygonalem Portal“.
Fest verbunden mit dem Kirchenbauwerk ist das Ehrenmal auf der Südseite, damit gehört auch das Ehrenmal zum geschützten Denkmal.
In 2024 wurde diese Tatsache auch vom zuständigen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung NRW als oberste Denkmalbehörde des Landes der unteren Denkmalbehörde bei der Stadt Lengerich bestätigt.
Diese Mitteilung ist der Ev. Kirchengemeinde seitens der Stadt Lengerich schriftlich mitgeteilt worden«.
Die Evangelische Kirchengemeinde sieht sich nicht als Eigentümerin, auch wenn das „geschützte Denkmal“ auf ihrem Grundstück steht.
„Das Denkmal fügt sich in glücklicher Weise in das Gesamtbild der Kirche ein und bedeutet eine Bereicherung des Platzbildes“, war die Begründung des Preisgerichts für Entwurf und Standort.
Die Bedeutung der Figuren: „Jüngling und Mann starben tapfer und treu den Tod für Heimat und Herd; liebende Frauen trugen glaubend und hoffend Entsagung und Todesleid“.
Aus Pastor Kersteins Rede: „Deutsche Frauen, werdet Heldinnen auf dem Felde der Ehre, Heldinnen im Kampf um Reinheit, Heldinnen auf dem Felde der hilfsbereiten Liebe, nehmt den Kampf auf gegen Putz und Tand, Leichtsinn und Oberflächlichkeit! Ihr steht vor einer hohen, heiligen Aufgabe“.
Anlässlich der Enthüllung des Ehrenmals am 16. März 1930, dem damaligen Volkstrauertag, sagte der Bürgermeister Breidenstein: „In dieser ernsten Stunde [ … ] übernehme ich das Ehrenmal namens der Gemeinde mit der feierlichen Erklärung, daß wir es allzeit behüten und bewahren werden“.
- Weitere Details zur Biografie August Steinriedes
Bernd Hammerschmidt informiert:
August Steinriede war von 1937-1945 Bürgermeister, war u. a. „Vereinsführer“ von Heimat- und Kriegerverein und wurde von den Briten abgesetzt. Er starb am 27.5.1950 in Rheda. - Nationalsozialismus in Lengerich: Der Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand: Quellenarbeit
Über den Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand in Lengerich
Der Berichterstatter des TL fasste die Ziele des Kampfbundes im Januar 1933 zusammen:
Der „Zweck [des Kampfbundes] ist die Durchsetzung des gesamten Mittelstandes mit der nat.-soz. Idee, die Werbung und Organisierung der Angehörigen dieses Standes, ihre Erziehung zum Nationalsozialismus und die Eroberung ihrer Berufsverbände, Zünfte und Innungen. Der Kampfbund will also die genannten Verbände nicht zerschlagen, sondern erobern, das heißt mit Nationalsozialisten durchsetzen. Die Entschlußlosigkeit dieser Verbände und ihre isolierte Stellung trug nicht wenig zu der bevorstehenden Verelendung vieler Handwerker bei.“[1]
Ein Vertreter des Kampfbundes aus Münster sagte Ende Februar 1933 in Lengerich:
„Die Ausschaltung der Juden ist eine Selbstverständlichkeit. Man braucht sie nicht gerade an den Galgen zu hängen, es werden aber Maßnahmen getroffen, die es verhindern, daß sie in der bisherigen Weise weiter mauscheln.“
Der Vorsitzende des Vereins für Handel und Gewerbe Tiencken war auch anwesend und begrüßte die Gründung des Kampfbundes und sagte dann: „Wenn wir in den nächsten Wochen sehen, daß eine Besserung eintritt, wollen wir gern folgen und mithelfen.“
Schließlich traten 45 Männer in den neuen Kampfbund ein.[2]
Am 1. April 1933 konnte die NSDAP – rechtzeitig zum Boykott jüdischer Geschäfte – mitteilen, „daß die Organisation des Kampfbundes des gewerblichen Mittelstandes, Ortsgruppe Lengerich i. W., nunmehr durchgeführt worden ist.“
Der Kaufmann Wilhelm Egbert (Bergstr.) wurde zum Führer und der Gewerbelehrer Dodt (Neue Straße 248A) zum Schriftführer bestimmt.
Am 8. April 1933 sprach der Pg. Wemhöner aus Herford über den Kampfbund. Es waren die üblichen propagandistischen Versatzstücke der Nazis. Er sprach aber auch von den „weißen Juden“ in den eigenen Reihen, d.h. eigentlich „rassereinen“ Deutschen, die Wucher betrieben wie die Juden. Wemhöner schloss mit den Worten: „Eher kann ein Ochse ein Elefant werden, als ein Jude ein Christ.“
Die Wirkung seiner Ausführungen war gut: 63 weitere Eintritte in den Kampfbund erfolgten.[3]
Am 26. April 1933 beschäftigte sich eine Versammlung des Kampfbundes in erster Linie mit den Vorbereitungen zum 1. Mai 1933. Doch wurde auch mitgeteilt, dass der Pg. Pötter jetzt Kassierer sei. Und der Führer des Kampfbundes Egbert heizte seinen Genossen mit den Worten ein: „Eine volksfremde Rasse, der Jude, hat sich in Deutschland eingenistet, und durch seine Brutalität den Mittelstand zertrümmert.“[4]
- Juli 1933: Der Kreisleiter des Kampfbundes, Pg. Johns aus Ibbenbüren, hielt eine Rede, die eine einzige Misstrauenserklärung an die eigenen Mitglieder war: „Werden Sie erst einmal Nationalsozialisten, glauben Sie nicht, daß der Kampfbund nur dazu da ist, daß Sie ohne Kampf Früchte ernten. Sie sollen erst einmal auch arbeiten. Wer nicht mitmacht, ist ausgeschlossen und mag sehen, wo er bleibt.“ Offensichtlich störte sich Johns daran, dass viele Kampfbundmitglieder (noch) nicht in die NSDAP eingetreten waren. Denn genau in diesem Sinn setzte er fort, dass die „Nichtkampfbundmitglieder“ Kassierer Pötter und Schriftführer Dodt ihre Ämter nicht behalten könnten.
Statt Pötter und Dodt wurden nun die Pg. Minning und Hermann Windmöller in diese Ämter berufen. Doch nun brach das Chaos aus. Es stellte sich heraus, dass Pötter Pg. und Mitglied im Kampfbund war. Daher wurde er umgehend wieder zum Kassierer bestimmt. Doch Pg. Minning wurde statt Dodt Schriftführer. Pg. Hermann Windmöller ging leer aus.
Dieser Verlauf der Versammlung gab dem Ortsführer des Kampfbundes, Egbert, Veranlassung, mit folgendem Statement die Wogen zu glätten:
„Und wenn nicht alle [Kampfbundmitglieder] Parteimitglieder gewesen seien, so sei das verständlich. Gerade in der roten Hochburg Lengerich sei die Gefährdung der geschäftlichen Existenz eine sehr große gewesen.“[5]
Dr. Alfred Wesselmann
[1] TL, 28. Januar 1933.
[2] TL, 28. Februar 1933. Die Namen müssen ggf. erklärt werden. „Mauscheln“ ist ein jiddisches Wort
[3] TL, 10. April 1933.
[4] TL, 27. April 1933.
[5] Alle Fakten und Zitate nach dem TL, 20. Juli 1933.