Stolpersteingruppe gestaltet Fortbildung für Polizei
Im November 2022 trat die Polizeiwache Lengerich an die Stolpersteingruppe des Heimatvereins heran, um eine Fortbildung für die Kollegen im Rahmen des NRW-Projektes „Stärkung der demokratischen Resilienz“ zu gestalten.
In vorbildlicher Weise bereitete Polizeioberkommissarin Ina Pfänder die Organisation der Veranstaltungen für die ca. 50 Kollegen und Kolleginnen vor. An vier verschiedenen Terminen führten Anfang Dezember 2022 im Wechsel Harald Klöpper, Bernd Hammerschmidt und Klaus Adam jeweils ca. 13 Beamt:innen und Anwärter:innen durch die Stadt.
Vermittlung von Geschichte
Sie vermittelten an verschiedenen Orten vornehmlich die Geschichte der ehemaligen jüdischen Bevölkerung Lengerichs, deren Drangsalierung und Verfolgung im Nationalsozialismus. Auch die Rolle und das Verhalten der „gleichgeschalteten“ Polizei wurde den Teilnehmern deutlich, vor allem an Beispielen aus Vorkommnissen der Pogromnacht 1938.
Insbesondere am Ort der ehemaligen Synagoge an der Münsterstraße wurde anhand des demolierten Stolpersteins (s. Foto) klar, dass antisemitische Aktivitäten in Lengerich durchaus Realität sind. 2019 erstattete die Stolpersteingruppe wegen der Zerstörung des Gedenksteins Anzeige gegen Unbekannt. Die Absicht der Gruppe an dieser Stelle in Erinnerung an das jüdische Gotteshaus eine würdige Gedenk- und Informationsstele zu errichten, wurde von den Beamten mit Zustimmung bedacht.
Nachbereitung und Austausch
In abschließender Runde im Heimathaus, resp. im Martin-Luther-Haus wurden Fragen zum aktuellen Umgang mit der Geschichte und Orten in der Stadt erörtert.
- Soll man den Jüdischen Friedhof öffentlich zugänglich machen?
- Welche Probleme und Vorkommnisse gibt es mit dem „lost place“ des alten Eisenbahntunnels, Ort der KZ-Außenstelle des KZ Neuengamme?
- Wie soll man mit antisemitischen Vorfällen, z.B. der Beschädigung des Stolpersteins am Ort der ehemaligen Synagoge umgehen?
- Wie können die Gefahren möglicher extremistischer Umtriebe erkannt werden?
Der andere Blick
Die Beamten haben einen anderen „historischen“ Blick auf ihren Einsatzort bekommen, der durch die Vermittlung von Wissen um Täter und Opfer dem Geschichtsrevisionismus vorbeugt.
Wir, die Führungsleiter, haben einen anderen Blick auf die Beamten bekommen, denen viel Toleranz bei Einsätzen abverlangt wird – von allen Seiten.
Sie sollen unsere Demokratie verteidigen und die Staatsgewalt vorsichtig und angemessen einsetzen, sehen sich aber z.B. konfrontiert mit Beschimpfungen als „Nazis“. Wir hoffen, dass wir sie stärken konnten, auch mit solchen Aggressionen besser umzugehen.
Text: K Adam, Fotos: K. Adam, B. Hammerschmidt